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Aus- und Weiterbildung im Kontext von „Kennen - verstehen - können – wollen – dürfen“

Die reine Vermittlung von Inhalten in der Aus- und Weiterbildung stellt nur einen Bruchteil des Gesamtprozesses des Lernens dar. Dies erfordert eine tiefere Betrachtung der unterschiedlichen Stufen des Lernprozesses: Kennen, Verstehen, Können, Wollen und Dürfen. Diese Stufen sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Gelernte nicht nur verinnerlicht, sondern auch effektiv in der Praxis angewendet wird.


Kennen und Verstehen sind die grundlegenden Schritte. Es ist wesentlich, dass Lernende nicht nur mit den Themen vertraut sind, sondern auch die zugrundeliegenden Prinzipien und Zusammenhänge verstehen. Diese Stufen bilden die Basis für eine erfolgreiche Anwendung des Wissens. In unserem Beispiel des Fahrradfahrens: Es reicht nicht, nur zu wissen, dass Balance wichtig ist, man muss auch verstehen, warum und wie sie aufrechterhalten wird.

Können bezieht sich auf die praktische Umsetzung des erlernten Wissens. Dies erfordert Übung und Erfahrung. Wissen allein ist unzureichend, wenn es nicht durch praktische Anwendung gefestigt wird. Beim Fahrradfahren muss man tatsächlich üben, um die Theorie der Balance in die Praxis umzusetzen.

Wollen ist ein oft unterschätzter, aber entscheidender Teil des Lernprozesses. Selbst das beste Training kann scheitern, wenn die Lernenden nicht motiviert sind, das Erlernte anzuwenden. Dies kann an einer Reihe von Faktoren liegen: mangelnde Relevanz für ihre Rolle, Überforderung oder mangelndes Vertrauen in die Anwendbarkeit des Gelernten.

Dürfen ist die finale, aber ebenso kritische Komponente. Selbst wenn jemand das nötige Wissen und die Fähigkeiten besitzt und motiviert ist, es anzuwenden, muss er auch die Gelegenheit und Erlaubnis dazu haben. In vielen Berufsumfeldern werden innovative Ansätze und neu erlerntes Wissen durch eingefahrene Prozesse und starre Strukturen blockiert.

In diesem Kontext wird deutlich, dass die reine Wissensvermittlung in der Aus- und Weiterbildung nicht ausreicht. Es ist entscheidend, dass Organisationen ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur das erforderliche Wissen und die Fähigkeiten erlangen, sondern auch motiviert und befähigt werden, dieses Wissen anzuwenden und umzusetzen.

Der Erfolg von Aus- und Weiterbildungsprogrammen hängt letztlich davon ab, ob sie die vollständige Lernkette von Kennen und Verstehen über Können und Wollen bis hin zum Dürfen abdecken. Hier stellt sich die Frage: Schafft Ihre Organisation die Voraussetzungen dafür, dass Sie das Erlernte nicht nur anwenden wollen, sondern auch dürfen? Dies ist der Schlüssel zur langfristigen Wirksamkeit von Lern- und Entwicklungsinitiativen.


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