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Menschen tendieren zu irrationalem Verhalten, das jedoch vorhersagbar ist



  1. Menschen neigen oft zu irrationalem Verhalten, das auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen mag, jedoch durch verschiedene psychologische Theorien erklärbar und somit vorhersagbar wird. Diese Phänomene beleuchten die Komplexität menschlicher Entscheidungen und bieten Einblicke in die unterschiedlichen Perspektiven von Technikern, Designern, Softwareentwicklern und Ergonomen.


  2. Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, zu interpretieren und zu erinnern, die ihre eigenen Vorannahmen oder Überzeugungen bestätigen. Techniker könnten Tools entwickeln, die vielfältigere Perspektiven präsentieren, um diesen Bias zu mindern.

  3. Ankerheuristik (Anchoring Effect): Bei Entscheidungen tendieren Menschen dazu, sich zu stark auf den ersten ihnen präsentierten Informationen zu verlassen (den "Anker"). Im Design könnte dies durch bewusste Setzung von Ankerpunkten genutzt werden, um Nutzerverhalten zu leiten.

  4. Verfügbarkeitsheuristik (Availability Heuristic): Menschen bewerten die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses auf der Grundlage ihrer Fähigkeit, sich an Beispiele zu erinnern. Softwareentwickler könnten dies in Betracht ziehen, um Benachrichtigungssysteme in Apps zu optimieren, indem sie relevante Informationen leichter zugänglich machen.

  5. Status-quo-Bias: Die Tendenz, am Bestehenden festzuhalten und Veränderungen zu vermeiden. Ergonomen könnten Arbeitsumgebungen gestalten, die Veränderungen als weniger bedrohlich und leichter akzeptierbar darstellen.

  6. Verlustaversion (Loss Aversion): Menschen empfinden den Schmerz von Verlusten stärker als die Freude an Gewinnen. Designer könnten dies nutzen, indem sie die positiven Aspekte der Veränderung betonen, um die wahrgenommene "Verlust"-Wirkung zu minimieren.

  7. Dunning-Kruger-Effekt: Die Unfähigkeit von Menschen mit begrenztem Wissen oder Fähigkeiten, ihre eigene Inkompetenz zu erkennen. Techniker und Entwickler könnten Bildungs- und Feedback-Tools erstellen, die das Bewusstsein und das Verständnis für eigene Fähigkeiten verbessern.

  8. Gruppenpolarisierung: Die Tendenz von Gruppen, zu extremen Entscheidungen oder Meinungen zu tendieren, als sie es als Individuen tun würden. In der Softwareentwicklung könnte dies durch die Entwicklung von Algorithmen berücksichtigt werden, die Vielfalt in sozialen Netzwerken fördern.

  9. Halo-Effekt: Die Neigung, jemandem aufgrund eines positiven Merkmals (z.B. Attraktivität) auch andere positive Eigenschaften zuzuschreiben. Designer könnten bewusst vielfältige und realistische Menschenbilder in ihren Produkten präsentieren, um Stereotypisierungen entgegenzuwirken.

  10. Sunk Cost Fallacy: Die Tendenz, weiterhin in ein Projekt oder eine Entscheidung zu investieren, weil bereits Ressourcen investiert wurden, auch wenn die Fortsetzung der Investition nicht gerechtfertigt ist. Ergonomen könnten Schulungen entwerfen, die Entscheidungsträger lehren, emotionale Bindungen zu früheren Entscheidungen zu überwinden.

  11. Overconfidence Bias: Die Neigung, das eigene Wissen und die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Techniker könnten Systeme mit eingebauten Sicherheitsnetzen entwickeln, die Benutzer vor den Folgen übermäßiger Selbstsicherheit schützen.

  12. Kognitive Dissonanz (Leon Festinger): Diese Theorie besagt, dass Menschen ein inneres Bedürfnis haben, ihre Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen in Einklang zu bringen. Wenn es eine Diskrepanz gibt, führt dies zu Unbehagen, das die Person zu reduzieren versucht, oft durch Änderung ihrer Überzeugungen oder Einstellungen. Dies kann zu scheinbar widersprüchlichen Verhaltensweisen führen, wenn jemand versucht, sein Selbstbild aufrechtzuerhalten.

  13. Prospect Theory (Daniel Kahneman und Amos Tversky): Diese Theorie schlägt vor, dass Menschen Entscheidungen auf Basis des potenziellen Wertes von Verlusten und Gewinnen treffen, nicht auf dem Endzustand. Dabei bewerten Menschen Verluste stärker als Gewinne, was zu irrational erscheinenden Entscheidungen führen kann, insbesondere in Situationen mit Risiko.

  14. Heuristiken: Heuristiken sind kognitive Abkürzungen oder Faustregeln, die Menschen verwenden, um Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Sie sind nützlich, um komplexe Aufgaben zu vereinfachen, können aber auch zu systematischen Fehlern oder Verzerrungen führen, wie zum Beispiel der Verfügbarkeitsheuristik (Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses auf Basis, wie leicht Beispiele dafür in den Sinn kommen) oder der Repräsentativitätsheuristik (Einordnung von etwas basierend auf seiner Ähnlichkeit mit einer typischen Kategorie).

  15. Sozialer Einfluss und Gruppendenken: Menschen werden stark von den Meinungen und Verhaltensweisen der um sie herum beeinflusst. Gruppendenken kann zu irrationalen oder dysfunktionalen Entscheidungsprozessen führen, da das Streben nach Konsens die kritische Bewertung von Alternativen unterdrücken kann.

Diese Phänomene und die zugehörigen Theorien bieten ein tiefes Verständnis dafür, wie und warum Menschen in bestimmten Situationen irrational handeln können. Sie bieten wertvolle Einsichten für die Gestaltung menschenzentrierter Technologien und Systeme.


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