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Esoterik glaubt man mehr als der Wissenschaft, die persönliche Erfahrung schlägt Fakten

Die Präferenz für esoterische Ansätze und persönliche Erfahrungen gegenüber wissenschaftlichen Erklärungen und Fakten kann durch verschiedene kognitive, sozialpsychologische und politische Theorien erklärt werden. Im Folgenden werden jeweils fünf Ansätze aus diesen Kategorien erläutert.


Kognitive Erklärungsansätze

  1. Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Die Tendenz, Informationen zu suchen, zu interpretieren und zu bevorzugen, die die eigenen Überzeugungen bestätigen, während widersprechende Informationen ignoriert oder abgewertet werden.
  2. Kognitive Dissonanz: Das Unbehagen, das entsteht, wenn neue Informationen im Widerspruch zu bestehenden Überzeugungen stehen, kann dazu führen, dass Menschen an ihren bisherigen Annahmen festhalten, um das Gefühl der Dissonanz zu reduzieren.
  3. Heuristiken: Die Nutzung von mentalen Abkürzungen zur schnellen Urteilsfindung kann dazu führen, dass Menschen komplexe wissenschaftliche Erklärungen meiden und stattdessen einfachere, intuitivere esoterische Erklärungen bevorzugen.
  4. Verfügbarkeitsheuristik: Menschen bewerten die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen basierend auf ihrer Fähigkeit, sich Beispiele dafür vorzustellen. Persönliche Erfahrungen und prominente Geschichten können daher überbewertet werden.
  5. Dunning-Kruger-Effekt: Ein Mangel an metakognitivem Bewusstsein, bei dem Personen mit geringer Kompetenz in einem Bereich ihre Fähigkeit überschätzen, was zur Ablehnung von Expertenmeinungen führen kann.

Sozialpsychologische Erklärungsansätze

  1. Soziale Identitätstheorie: Die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen beeinflusst, welche Überzeugungen und Praktiken als akzeptabel oder wahr angesehen werden, wobei esoterische Ansichten innerhalb bestimmter Gruppen gefördert werden können.
  2. Sozialer Einfluss: Normen, Meinungen und Verhaltensweisen von Peer-Gruppen, Familien oder kulturellen Gruppen können Individuen dazu veranlassen, wissenschaftliche Ansätze zugunsten von esoterischen zu meiden.
  3. Gruppendenken: Der Wunsch nach Harmonie und Konformität in einer Gruppe kann kritische Bewertungen und die Akzeptanz von abweichenden Beweisen, wie wissenschaftlichen Fakten, unterdrücken.
  4. Soziale Vergleichstheorie: Menschen vergleichen ihre Überzeugungen und Fähigkeiten mit denen anderer, um ihre eigene Meinung zu bewerten. Wenn esoterische Ansätze in ihrem Umfeld vorherrschen, können diese als valider angesehen werden.
  5. Status und Macht: Die Verbreitung esoterischer Überzeugungen kann durch charismatische Führer oder Institutionen mit sozialem Einfluss gefördert werden, was die Akzeptanz dieser Ansätze über wissenschaftliche Fakten stellt.

Politische Erklärungsansätze

  1. Ideologische Polarisation: Politische oder ideologische Überzeugungen können die Akzeptanz wissenschaftlicher Fakten beeinflussen, wobei esoterische Ansätze möglicherweise besser mit bestimmten politischen Ideologien harmonieren.
  2. Informationelle Autokratie: In manchen politischen Systemen kann der Zugang zu wissenschaftlichen Informationen eingeschränkt sein, was die Bevorzugung von esoterischen Erklärungen fördert.
  3. Politische Sozialisation: Die in der Kindheit und Jugend erlernten politischen Überzeugungen können die Wahrnehmung und Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse im Erwachsenenalter beeinflussen.
  4. Populismus: Populistische Bewegungen können Misstrauen gegenüber "elitären" Experten und wissenschaftlichen Institutionen schüren und stattdessen einfache, intuitiv verständliche Lösungen und Erklärungen bevorzugen.
  5. Regierungs- und Medienagenda: Die Darstellung und Förderung bestimmter Weltanschauungen durch Regierungen und Medien kann beeinflussen, welche Informationsquellen als glaubwürdig angesehen werden und somit die Präferenz für esoterische Ansätze verstärken.

Diese theoretischen Ansätze verdeutlichen, dass die Bevorzugung esoterischer Ansätze und persönlicher Erfahrungen über wissenschaftliche Erklärungen ein multifaktorielles Phänomen ist, das durch eine Vielzahl von kognitiven, sozialpsychologischen und politischen Faktoren beeinflusst wird.


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