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Psychologische Chancen, Risiken und Hintergründe von Wargames und Serious Games, die den Games-Based Learning (GBL) Ansatz nutzen


Einleitung

Games-Based Learning (GBL) nutzt die interaktiven und motivierenden Elemente von Spielen, um Lernziele zu erreichen. Dieser Ansatz wird sowohl in Serious Games als auch in Wargames angewendet, wobei jeder Spieltyp spezifische psychologische Chancen und Risiken mit sich bringt. Die psychologischen Hintergründe dieser Spiele sind wesentlich für das Verständnis ihrer Wirkungen auf Lernende und Spieler.


Psychologische Chancen

1. Steigerung der Lernmotivation: Spiele erzeugen oft eine intrinsische Motivation durch ihre interaktiven und herausfordernden Elemente. Diese können dazu führen, dass Lernende sich stärker engagieren und ein tieferes Interesse am Lernstoff entwickeln. Spiele bieten unmittelbares Feedback und Belohnungssysteme, die das Engagement der Lernenden fördern und sie dazu anregen, weiter zu lernen (Prensky, 2001).

2. Verbesserung kognitiver Fähigkeiten: Serious Games und Wargames fördern häufig kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und Entscheidungsfindung. Spieler lernen, Strategien zu entwickeln und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu antizipieren. Dies wird durch die Notwendigkeit unterstützt, komplexe Probleme zu analysieren und kreative Lösungen zu finden (Gee, 2003).

3. Praktische Anwendung von Wissen: Durch die Simulation realer Szenarien können Spieler in einer risikoarmen Umgebung praktische Erfahrungen sammeln. Dies hilft, theoretisches Wissen in praktische Fähigkeiten umzusetzen. Solche Spiele ermöglichen es den Lernenden, Wissen in einem sicheren Kontext auszuprobieren und zu festigen (Abt, 1970).

Psychologische Risiken

1. Übermäßige Nutzung und Abhängigkeit: Die engagierende Natur von Spielen kann zu exzessivem Spielen führen. Dies birgt das Risiko von Spielabhängigkeit, sozialer Isolation und Vernachlässigung anderer Lebensbereiche. Ein übermäßiger Konsum von Spielen kann negative Auswirkungen auf das soziale Leben und die psychische Gesundheit haben (Brohm-Badry, Gutmann & Hasselhorn, 2018).

2. Stress und Angst: Während Spiele darauf abzielen, herausfordernd zu sein, können zu schwierige Herausforderungen Stress und Angst auslösen. Dies gilt insbesondere für Wargames, die oft auf Konflikten und Wettbewerb basieren. Hoher Druck und ständige Herausforderungen können zu Stressreaktionen führen, die das Spielerlebnis negativ beeinflussen (Breuer & Bente, 2010).

3. Mögliche Verstärkung von Stereotypen: Spiele, die auf bestimmten Narrativen oder historischen Kontexten basieren, können unbeabsichtigt Stereotypen oder verzerrte Weltansichten verstärken, wenn sie nicht sorgfältig gestaltet sind. Dies ist besonders problematisch, wenn Spiele historische oder kulturelle Ereignisse darstellen und dabei vereinfachte oder einseitige Perspektiven vermitteln (Fromme & Unger, 2012).

Psychologische Hintergründe

1. Behaviorismus: Spiele nutzen oft behavioristische Prinzipien wie Belohnungen und Verstärkungen, um Lernverhalten zu fördern. Dies kann effektiv sein, birgt jedoch das Risiko einer zu starken Fokussierung auf extrinsische statt intrinsische Motivation. Spieler könnten sich eher auf Belohnungen konzentrieren als auf das eigentliche Lernen (Schank, 1997).

2. Konstruktivismus: Serious Games fördern oft ein aktives Lernen, bei dem Lernende Wissen durch Erfahrung und Interaktion im Spielkontext konstruieren. Dies unterstützt ein tiefgreifendes Verständnis und die Anwendung von Wissen. Lernende bauen ihr Wissen durch die Interaktion mit der Spielwelt auf und entwickeln dadurch ein tieferes Verständnis der Inhalte (Einsiedler, 1999).

3. Kognitive Dissonanz: Wargames können kognitive Dissonanz erzeugen, wenn die im Spiel getroffenen Entscheidungen moralische oder ethische Fragen aufwerfen. Dies kann zu einer intensiven Reflexion und Diskussion führen, die das Lernpotenzial erhöht. Spieler werden dazu angeregt, ihre eigenen Überzeugungen und Werte zu hinterfragen, was zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Lernstoff führt (Mitgutsch & Alvarado, 2012).

Zusammenfassung

GBL-Ansätze in Serious Games und Wargames bieten bedeutende psychologische Chancen, bergen jedoch auch Risiken, die durch sorgfältiges Design und eine bewusste Einbindung pädagogischer Prinzipien minimiert werden können. Die psychologischen Hintergründe dieser Spiele bieten wichtige Einblicke, die zur Optimierung von Lern- und Spielerfahrungen genutzt werden können. Es ist entscheidend, dass Spiele nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich und ethisch gestaltet sind, um das volle Potenzial von Games-Based Learning auszuschöpfen.

Referenzen

Abt, C. C. (1970). Serious Games. New York: Viking Press.

Breuer, J., & Bente, G. (2010). Why so serious? On the relation of serious games and learning. Eludamos. Journal for Computer Game Culture, 4(1), 7-24.

Brohm-Badry, M., Gutmann, M., & Hasselhorn, M. (Hrsg.). (2018). Positiv-psychologische Forschung im deutschsprachigen Raum – State of the Art. Waxmann.

Dunnigan, J. F. (2000). Wargames Handbook, Third Edition: How to Play and Design Commercial and Professional Wargames. Writers Club Press.

Einsiedler, W. (1999). Das Spiel der Kinder: Zwischen Selbstgestaltung und Pädagogischer Anleitung. Klinkhardt.

Fromme, J., & Unger, A. (Hrsg.). (2012). Computer Games and New Media Cultures: A Handbook of Digital Games Studies. Springer.

Gee, J. P. (2003). What Video Games Have to Teach Us About Learning and Literacy. Palgrave Macmillan.

Mitgutsch, K., & Alvarado, N. (2012). Purposeful by design? A serious game design assessment framework. In: Proceedings of the International Conference on the Foundations of Digital Games (pp. 121-128).

Prensky, M. (2001). Digital Game-Based Learning. McGraw-Hill Education.

Schank, R. C. (1997). Virtual Learning: A Revolutionary Approach to Building a Highly Skilled Workforce. McGraw-Hill.

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