Die psychologische Konstruktion von Bedrohung: Kognitive Verarbeitung und soziale Wirklichkeit sicherheitspolitischer Narrative
In modernen Gesellschaften ist die Wahrnehmung von Bedrohungen ein zentrales Moment politischer Steuerung und gesamtstaatlicher Sicherheitsvorsorge. Während Risiken mithilfe quantitativer Modelle berechnet werden können, ist Bedrohung immer auch ein psychologisches und soziales Konstrukt. Die Kognitionspsychologie, die Sozialpsychologie und die Politikwissenschaft haben wiederholt gezeigt, dass Bedrohung nicht einfach „da draußen“ existiert, sondern durch Wahrnehmung, Emotion, Sprache und Narrative erzeugt, verstärkt oder abgeschwächt wird (Slovic, 2000; Entman, 1993). Diese Konstruktion hat tiefgreifende Folgen: Sie beeinflusst individuelle Entscheidungsprozesse, das Verhalten von Organisationen und die Legitimation staatlicher Maßnahmen. Ziel dieses Beitrags ist es, die psychologischen Mechanismen der Bedrohungskonstruktion zu beleuchten und ihre Bedeutung für die Sicherheitsvorsorge zu diskutieren. Risiko versus Bedrohung Ein zentraler Unterschied liegt zwischen Risiko und Bedroh...